Grenzen zu setzen gehört zu unserem daily business als Eltern. – Aber einfach ist was anderes. Stößt du auch oft auf Widerstand? Scheint dein Kind manche Grenzen einfach nicht zu akzeptieren? Vielleicht auch immer wieder nicht? Fragst du dich auch manchmal: Was läuft hier eigentlich falsch?
Klar ist: Menschliche Beziehungen laufen nie ohne Reibung. Nie. Und wir können nicht davon ausgehen, dass unsere Kinder unsere Grenzen immer akzeptieren (müssen) – egal wie sinnvoll und wichtig wir sie finden – weil: Mensch mit eigenem Willen, you know.
Dennoch gibt es durchaus Dinge, auf die wir achten sollten, wenn wir unsere Grenzen effektiv setzen wollen.
In diesem Artikel lade ich mal dazu ein, darüber nachzudenken: Wie setzen wir unseren Kindern denn eigentlich Grenzen? Und über welche Stolpersteine fallen wir hier manchmal?
Deshalb hier:
7 Fehler, die wir beim Grenzensetzen häufig machen – und wie wir sie vermeiden können.
(Und mindestens alle davon sind mir schon unterlaufen. Einige hin und wieder bis heute – und das ist okay. Das Leben ist ein einziger Lernprozess. Und Lernprozesse sind lebendig.)
Fehler #1: Wir setzen unserem Kind eine Grenze – und wissen nicht warum.
Als sich die Notwendigkeit, Grenzen zu setzen so langsam in mein Elternsein eingeschlichen hat, kam ich schnell an einen Punkt, an dem ich mich manchmal fragen musste: Warum genau setze ich hier eine Grenze? Warum sage ich nein? – (Manchmal wusste ich es selbst nicht.) Und was würde passieren, wenn ich es einfach zulassen würde? (Oft: nichts.)
Bevor du eine Grenze setzt, solltest du also genau wissen:
- Was genau ist hier meine Grenze?
- Warum ist sie notwendig?
- Wen oder was soll diese Grenze schützen?
- Schütze ich damit meinen persönlichen Raum oder Werte, die mir wichtig sind?
- Oder habe ich einfach keine Lust auf etwas, weil es nervig oder unbequem ist? (Auch legitim, dann können wir schauen: Welches Bedürfnis habe ich gerade?)
Klarheit hilft dir, deine Grenzen selbstsicher zu kommunizieren und zu halten.
Damit dein Kind eine Grenze akzeptiert, musst du sie selbst akzeptieren und dir klar darüber sein, warum sie notwendig ist.
Denn viele Grenzen, die wir so im Alltag setzen, könnten wir auch weglassen, ohne dass es irgendwem schadet. Lies zu diesem Thema mal meinen Artikel Dein Kind akzeptiert dein Nein nicht? – 2 simple Tipps.
Das führt uns direkt zum nächsten Punkt:
Fehler #2: Wir setzen eine Grenze ohne nachvollziehbare Begründung.
Hier geht es um die wenig hilfreiche „Aus Prinzip“-Haltung.
Begründungen wie „weil ich das sage“ oder „das durfte ich als Kind auch nicht“ sind ein sicherer Weg, Frust und Machtkämpfe zu ernten.
Halten wir eine Grenze für notwendig und sinnvoll, sollten wir sie unseren Kindern auch erklären können. Sachlich nachvollziehbare Gründe müssen also her.
Hier ein paar Beispiele:
Wenn wir Grenzen setzen, haben wir immer eine gute Gelegenheit, um über Bedürfnisse und Werte zu sprechen.
„Wir kaufen diese Spielzeugpistole nicht, weil ich Spielzeuge, die wie Waffen aussehen, nicht bei uns zu Hause haben möchte.“
(Nur ein Beispiel, das entscheidet jede Familie anders.)
Das eine oder andere Mal habe ich schon zu hören bekommen, ich würde mit meinen Kindern „herumdiskutieren“. Ich solle lieber klar nein sagen – und Schluss. Für mich persönlich ist dieses „Herumdiskutieren“ – ich nenne es Kommunikation auf Augenhöhe – Teil einer respektvollen Beziehung. Ich erkläre meinen Kindern (altersgerecht und je nach Situation), warum ich eine Grenze setze: Vor was ich meine Kinder schützen möchte / welches Bedürfnis ich habe oder jemand anderes hat / welcher Wert hinter dieser Grenze steht. Und ich höre mir auch an, was sie dazu denken und sagen möchten.
Klar ist es in manchen Situationen anstrengend. Wir werden uns nicht immer einig. Und nicht immer haben wir im Alltag die Kapazitäten dazu – was auch okay ist. Aber hier geht es um eine grundsätzliche Haltung: Möchte ein Kind nicht die Welt verstehen und als Mensch mit eigenen Gedanken ernst genommen werden?
Fehler #3: Wir kommunizieren unsere Grenze nicht klar genug.
Klarheit in unserer Kommunikation ist der zweite Schritt, um sicher und wirksamem Grenzen zu setzen.
Unklar formulierte Grenzen wären z.B.
- „Denkst du nicht, dass das genug Kekse für heute waren?“
- „Oh wei, Steine werfen ist aber nicht okay.“
- „Nein, das find ich nicht so gut.“
Eine klare, unmissverständliche Sprache ist notwendig. Keine militärischen Ausrufe, sondern Verbindlichkeit. Damit drücken wir klar aus, dass wir hinter dem stehen, was wir sagen:
- „Für heute hatten wir genug Kekse. Wir packen sie jetzt weg – dann haben wir am Wochenende noch welche.“
- „Stopp! Ich lass dich hier auf dem Spielplatz keine Steine werfen.“
- „Ich möchte nicht, dass du Sachen aus meiner Tasche nimmst, ohne mich zu fragen.“
Wie wir Alternativen anbieten oder Aktionen unserer Kinder umlenken können, erfährst du im nächsten Artikel dieser Serie Kindern Grenzen setzen. Melde dich hier für meinen Newsletter an, um ihn nicht zu verpassen.
Fehler #4: Wir setzen unsere Grenze zu spät.
Diesen Fehler habe ich eine zeitlang leider sehr häufig gemacht. (Generell, wenn es ums Thema Grenzen ging.)
Entweder, wenn ich selbst über meine Grenzen gegangen bin und weitergemacht habe, obwohl ich eine kurze Pause gebraucht hätte. Oder wenn ich meine Kinder (oder andere Menschen) habe gewähren lassen, obwohl etwas für mich nicht okay war.
Aus diesen Grenzüberschreitungen entsteht – klar: Wut. Eine Energie, die uns schützen soll. Und dann platzt es irgendwann aus uns heraus.
Grenzen können durchaus ein Mittel der Prävention sein. Sie sollen dir und euch dienen. Eurem Zusammenleben und eurem Wohlbefinden. Genau dafür nutzen wir sie. Möglichst rechtzeitig.
Welche Arten von individuellen Grenzen wir haben, kannst du in diesem Artikel lesen: Kindern Grenzen setzen (Teil 1): Warum sind Grenzen wichtig und welche sind sinnvoll?
Und wie du dich verhalten kannst, wenn die Wut doch aus dir herausgeplatzt ist, liest du in diesem Artikel: Du hast dein Kind angeschrien? – So bringst du es wieder in Ordnung!
Fehler #5: Wir haben keine Verbindung zu unserem Kind – und werden nicht gehört.
Wie oft rufen wir aus dem Nebenraum: „Runter von der Couch!“ Oder: „Nicht so laut, bitte!“
Und was passiert? – Nichts.
Yep, solche Situationen kommen bei mir immer wieder vor.
Immer. Wieder.
Warum? Weil ich das Entscheidende oft vergesse: Damit unsere Botschaften ankommen, müssen wir eine Verbindung zu unserem Kind herstellen. Connection before correction. Wie das geht, liest du in meinem Artikel: Mein Kind hört nicht: 8 mögliche Gründe und 8 Lösungen.
(Ich werde den Artikel gleich auch selbst nochmal lesen.)
Und wenn unsere Kinder uns dann doch hören: Manche Grenzen wollen sie nicht akzeptieren – don’t forget. Weil sie eigene Vorstellungen haben. Andere Prioritäten, Bedürfnisse und Wünsche – und das ist okay.
Wir lernen, mit unseren Kindern Konflikte zu lösen. Und üben… und üben.
Wir sprechen über Bedürfnisse und Wünsche, finden Lösungen oder Kompromisse. Manche Konflikte lassen sich auch nicht lösen. Bei anderen denken wir: Nächstes Mal machen wir das doch lieber anders. All das ist okay.
Fehler #6: Wir laden Grenzen emotional auf.
Dieser Punkt ist subtil. Aber wichtig, finde ich. Und ja, vielleicht auch ein bisschen streitbar – denn es kommt oft vor, dass wir manche Grenzen unnötig emotional aufladen und unsere eigenen Emotionen als Begründung für eine Grenze heranziehen. Das hilft meist weder uns noch unseren Kindern.
Mit Sätzen wie:
- „Wirf nicht mit dem Essen – da werd ich sauer!“
- „Ich bin enttäuscht, wenn du mich anlügst.“
- „Ich bekomme Angst, wenn ich sehe, wie du andere Kinder haust.“
Viele werden sicher erstmal sagen oder denken: Wo liegt das Problem?! Ich bin authentisch und mein Kind darf – oder muss – doch wissen, wie ich mich fühle?!
Ich sehe das etwas anders:
Unsere Gefühle zeigen und darüber sprechen – ja, klar. Aber die Verantwortung für unsere Gefühle tragen wir selbst. Nicht unsere Kinder.
Es ist nicht die Aufgabe unseres Kindes, dafür zu sorgen, dass wir uns gut fühlen.
Und im Hinblick auf die Grenze selbst ist es doch auch so:
Wir wollen doch, dass unsere Kinder wissen, dass wir etwas nicht erlauben, weil
- einige Dinge für sie oder andere gefährlich sind,
- bestimmte Verhaltensweisen unfreundlich oder verletzend
- oder nicht mit unseren Werten im Einklang sind.
Und nicht, weil wir mit ihrem Verhalten nicht umgehen können und es uns traurig, wütend oder Angst macht.
Stattdessen könnten wir auch so über Grenzen ins Gespräch kommen:
- „Ich möchte, dass die Lebensmittel auf dem Teller bleiben. Lebensmittel sind sehr wertvoll. Wenn du dein Brot auf den Boden wirfst, können wir es nicht mehr essen / wird der Boden schmutzig.“ (= sachliche Erklärung)
- „Mir ist es wichtig, dass wir ehrlich zueinander sind. Hattest du Angst, die Wahrheit zu sagen?„ (= Werte benennen + Empathie und Verständnis für die Gefühlslage deines Kindes)
- „Wir können einen Streit nicht mit Hauen lösen. Ich weiß, du warst richtig sauer. Wollen wir mal überlegen, wie du Ella das nächste Mal sagen kannst, dass du das nicht willst?“
Fehler #7: Wir missachten die Grenzen unserer Kinder.
Dieser Punkt geht an unsere Vorbildfunktion.
Grenzen zu setzen, ist keine Einbahnstraße. Jeder Mensch hat Grenzen. Auch unsere Kinder. Und sie kommunizieren sie uns. Manchmal auf eine eigenwillige Art – aber sie tun es. Und das sollten wir respektieren.
Wir leben unseren Kindern den Umgang mit Grenzen vor.
Wie oft kommt es vor, dass wir achtlos über die Grenzen unseres Kindes hinweggehen? Dabei ist für unsere Kinder sehr wichtig, zu lernen, sich abzugrenzen. Erleben unsere Kinder, dass wir ihre Grenzen ständig missachten oder geringschätzen – wie wollen wir ihnen dann vermitteln, dass unsere Grenzen wichtig sind?
Hinter diesem für mich sehr wichtigen Thema steckt allerdings noch mehr – lies dazu unbedingt: „Ich will das nicht! – Wie wir das Selbstbewusstsein unserer Kinder stärken“.
Stellt sich nun die Frage: Wie genau kann ich meinem Kind klar und wertschätzend Grenzen setzen? Und wie halte ich sie? Lies gleich hier weiter – es gibt ein konkretes Beispiel: Kindern Grenzen setzen (Teil 3): Wie du Grenzen klar und empathisch kommunizierst – und hältst
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